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Visualisierungsprozesse in den Humanities

Linguistische Perspektiven auf Prägungen, Praktiken, Positionen (VisuHu 2017)

Tagung vom 17. bis 19. Juli 2017, Universität Zürich
Noah Bubenhofer (Zürich), Philipp Dreesen (Greifswald), Nina Kalwa (Darmstadt), Klaus Rothenhäusler (Zürich)

visual-linguistics.net

Anmeldung zur Tagung

Gäste und Vortragende melden sich bitte unter dieser Adresse an. Last-Minute-Anmeldung nur noch per Mail an tagung2017@visual-linguistics.net möglich!

Anmeldeschluss:

Programm

Programm (Stand 10. Juli 2017)

Grobprogramm

Öffentliche Abendvorträge

Gäste sind herzlich willkommen teilzunehmen (ohne Anmeldung).

Anreise

Tagungsort

Rämistrasse 59, Zürich, Gebäude Universität Zürich, RAA-G-01

Der Tagungsort ist nahe des Hauptgebäudes der Universität Zürich, zentral in der Innenstadt gelegen. Tagungsort, Hauptbahnhof und Restaurant für das Conference Dinner sind alles fußläufig erreichbar oder mit Tram/Bus. Siehe den Situationsplan für eine Übersicht:

Situationsplan

Tickets: Für Tram/Bus und S-Bahn gibt es Einzeltickets (1 Stunde gültig) und 24-Stunden-Karten. Zwei Einzeltickets sind gleich teuer wie ein 24-Stunden-Ticket. Für Fahrten innerhalb der Stadt reicht ein Ticket für "Zone 110". Für kurze Strecken reicht ggf. ein Kurzstrecken-Ticket (am Automaten kann der Radius des Kurzstreckenbereichs ab Standort angezeigt werden). Vom/zum Flughafen ist ein Ticket mit den Zonen 110 und 121 notwendig (am Automaten einfach Ziel "Zürich Hauptbahnhof" bzw. "Zürich Flughafen" wählen).

Achtung: Es gibt am Verkehrsknotenpunkt "Central" eine große Gleisbaustelle, deswegen fahren diverse Tramlinien anders als normal (oben berücksichtigt).

Call for Papers

Die Deadline für Abstracts ist abgelaufen.

Visualisierung als Mittel der Erkenntnispräsentation und der Erkenntnisproduktion wird wichtiger. War die Veranschaulichung von gesprochener Sprache (z. B. bei Vorträgen) und die Sichtbarmachung von Abstraktem (z. B. Ländergrenzen) schon zu früherer Zeit eine verbreitete Praktik, vervielfachen sich mit der Popularisierung und Distribuierung von Wissen vermeintlich eindeutige reduzierte Darstellungen (z. B. des Wahlverhaltens in Nachrichtensendungen). Zugleich erleben wir aktuell in der Wissenschaft die Visualisierung mithilfe von Software, z. B. um aus großen digitalen Datenmengen überhaupt Erkenntnisse generieren zu können (etwa im Rahmen der Visual Analytics, vgl. Keim u. a. 2010; Chen/Härdle/Unwin 2008; Thomas/Cook 2005). Da auf Basis bereits visualisierter Erkenntnisse neue Erkenntnisinteressen entwickelt werden (vgl. Bredekamp/Schneider/Dünkel 2008), die schließlich erneut zu Visualisierungen führen, erscheint es erforderlich, Forschungsprozesse exemplarisch näher zu beleuchten. Die Tagung lädt dazu ein, zu verstehen, an welchen Stellen im Forschungsprozess WissenschaftlerInnen verschiedener Disziplinen Visualisierungen wie nutzen und wo sie von disziplinären Visualisierungen in Denken und Handeln bereits geprägt sind (vgl. Manovich 2013).

Der Visualisierungsbegriff umfasst den Gesamtprozess: (1) Visualisierung meint die Praktik (z. B. ob und wie Inhalte grafisch umgesetzt werden). (2) Visualisierung meint das Produkt (z. B. komplexitätsreduzierende Darstellung). (3) Visualisierung meint die Prägung, die von diesen Routinepraktiken und Artefakten ausgehen (z. B. Darstellung des Sprachwandels als Welle). Die Auseinandersetzung mit ,Visualisierung‘ erfolgt primär aus (computer-)linguistischer, kulturwissenschaftlicher, sozialwissenschaftlicher, philosophischer, semiotischer, informatischer und medienwissenschaftlicher Perspektive.

Als Keynote-Speaker haben zugesagt:

Die Tagung soll das o. g. Thema in fünf Schwerpunktbereichen behandeln:

(1) Theorien von Visualisierungsprozessen: Was verstehen WissenschaftlerInnen unterschiedlicher Disziplinen (z. B. InformatikerInnen, GeografInnen, SemiotikerInnen) unter Visualisierung? Wo beginnt der Visualisierungsprozess (vgl. Steinseifer 2013; Krämer 2009)? Welche Prämissen über die Produktion und Rezeption des Dargestellten gibt es (vgl. z. B. Peirce 1994; Eco 1977, 2002)? Welche kritischen Positionen werden eingenommen, z. B. aus der Perspektive der Wissenschaftsgeschichte, Kulturanalyse oder Gender-Forschung? Wie bewegen sich Visualisierungen zwischen Kanon und Innovation? Inwiefern könnte man davon sprechen, dass geschriebene Sprache eine primäre, andere Visualisierungen dagegen sekundäre Visualisierungen sind? Welche Erklärungen für Visualisierungen bieten z. B. Metapherntheorien (vgl. Blumenberg 1997)?

(2) Visualisierung aus historischer Perspektive: Um die Besonderheit von Visualisierungen erfassen zu können, ist der Vergleich mit oralen Wissenschaftskonzepten hilfreich, die (in Europa) von den literalen Wissenschaften abgelöst wurden (vgl. Derrida 1983; Humboldt 1907). Wie hat sich die europäische Textgestalt in Europa entwickelt (vgl. Illich 1996; Mitchel 1987)? Welche kanonischen Visualisierungen (z. B. Visiotype, vgl. Pörksen 1997) finden wir in der Geschichte der Wissenschaftskommunikation? Wie erhalten Denkkollektive ihre visuellen Kanons (z. B. durch Reproduktion oder behutsame Modernisierung)?

(3) Praktiken als Ausdruck von Visualisierungsroutinen: Bei Praktiken (Deppermann/Feilke/Linke 2016) des Visualisierens spielen bestimmte Leitmotive, Prinzipien und Standards bedeutende Rollen. Unter welchen Bedingungen folgen Visualisierungen ästhetischen Prinzipien (Stil eines Diagramms, schlanker Code, modulare Architektur), beschreibbar etwa als Diagrammatik (vgl. Bauer/Ernst 2010; Stjernfelt 2007)? Welche Auswirkungen hat Nachhaltigkeit als Prinzip der Datenhaltung und Regenerierung von Visualisierungen (Trennung von Daten und grafischer Gestalt, algorithmische Visualisierung)? In welchem Verhältnis stehen Graphematik, Typografie und Schriftsatzprogramme (z. B. LaTeX, TUSTEP, Formatvorlagen; vgl. Spitzmüller 2013)? Und in welchem Verhältnis Programmiercode, visuelle Form und Denotat?

(4) Visualisierungspraktiken als Ausdruck von Denkstilen: Welche Denkstile (vgl. Fleck 1980) stecken hinter Redundanzvermeidung oder Reinheit des Codes? Welche Regeln, Prinzipien o. Ä. der Visualisierung werden explizit genannt? Welche sind weder kodifiziert noch standardisiert und haben eher implizite Funktionen (vgl. Fix 2011)? Inwiefern drücken sich in den gewählten Programmiersprachen, Algorithmen, Visualisierungstypen, statistischen Modellen und sprachlich gefassten Erklärungen unterschiedliche disziplinäre Denkstile des Visuellen aus?

(5) Visualisierungen als Tatsachen: Inwiefern sind Forschungsinteressen durch ,verinnerlichte Visualisierungen‘ geleitet (z. B. Zeichenmodelle, geographische Landkarten, Baumstrukturen, Netzwerke, vgl. Stegbauer 2010; Brandes/Wagner 2004)? Haben Visualisierungen heute eher den Anspruch, (vorläufige) Endpunkte wissenschaftlicher Untersuchungen darzustellen? Schaffen Visualisierungen ,wissenschaftliche Tatsachen‘ (vgl. Fleck 1980)? Dies sind nur einige der möglichen Fragen.

Die interdisziplinäre Tagung hat einen sprachwissenschaftlichen Schwerpunkt, denn Sprache steht im Zentrum der Produktion und Rezeption wissenschaftlicher Visualisierungsprozesse. Gleichwohl richtet sich der Call for Papers explizit an KollegInnen aus den Philologien sowie den Bereichen Programmierung, Design und Visualisierung u. a. angrenzenden Disziplinen.

Vorschläge für Beiträge (Abstracts mit maximal 500 Wörtern, Kurzbiographie) bitten wir bis zum 15. März 2017 31. März 2017 über EasyChair https://easychair.org/conferences/?conf=visuhu2017 einzureichen.

Hotels

Die günstigsten Hotelzimmer sind über die einschlägigen Buchungsportale recherchierbar. Hier eine Liste von günstigen Optionen:

Weitere Informationen und Kontakt zu den Veranstaltern

Veranstalter/innen:

Die Tagung wird durch den Schweizer Nationalfonds SNF, das Institut für Computerlinguistik und der Universität Zürich finanziert.

Ausgewählte Literatur

Bauer, Matthias und Christoph Ernst (2010): Diagrammatik / Einführung in ein kultur- und medienwissenschaftliches Forschungsfeld, Bielefeld: transcript.

Blumenberg, Hans (1997): Paradigmen zu einer Metaphorologie. Frankfurt/Main: Suhrkamp.

Brandes, Ulrik und Dorothea Wagner (2004): „Netzwerkvisualisierung (Network Visualization)“, it - Information Technology 46/3–2004, S. 129–134.

Bredekamp, Horst, Birgit Schneider und Vera Dünkel (Hrsg.) (2008): Das Technische Bild: Kompendium zu einer Stilgeschichte wissenschaftlicher Bilder, Berlin: Akademie Verlag.

Chen, Chun-houh, Wolfgang Härdle und Antony Unwin (Hrsg.) (2008): Handbook of data visualization, Springer handbooks of computational statistics, Berlin, Heidelberg: Springer.

Deppermann, Arnulf, Helmuth Feilke und Angelika Linke (Hrsg.) (2016): Sprachliche und kommunikative Praktiken, Berlin/Boston: de Gruyter.

Derrida, Jacques (1983): Grammatologie, übers. von. Hans-Jörg Rheinberger und Hanns Zischler, 12. Aufl., Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Eco, Umberto (1977): Zeichen. Einführung in einen Begriff und seine Geschichte, es 895, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

--- (2002): Einführung in die Semiotik, 9., unveränderte Aufl., München: Fink.

Fix, Ulla (2011): „Denkstile und Sprache. Die Funktion von ‚Sinn-Sehen‘ und ‚Sinn-Bildern‘ für die ‚Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache‘“, http://home.uni-leipzig.de/fix/Fleck.pdf (zugegriffen am 31.3.2016).

Fleck, Ludwik (1980): Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache. Einführung in die Lehre vom Denkstil und vom Denkkollektiv, hg. von Lothar Schäfer und Thomas Schnelle, 10. Aufl., Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Humboldt, Wilhelm von (1907): Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluß auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts. In: Leitzmann, Albert (Hrsg.), Wilhelm von Humboldts Gesammelte Schriften, Bd. VII, erste Hälfte, Berlin: Behr.

Illich, Ivan (2010 [1991]): Im Weinberg des Textes. Als das Schriftbild der Moderne entstand, München: C.H. Beck.

Keim, Daniel A., Jörn Kohlhammer, Geoffrey Ellis und Florian Mannsmann (2010): Mastering the Information Age - Solving Problems with Visual Analytics, Goslar: Eurographics Association, http://www.vismaster.eu/book/ (Zugriff am 14.04.2016).

Krämer, Sybille (2009): „Operative Bildlichkeit. Von der ,Grammatologie‘ zu einer ,Diagrammatologie‘?“, in: Heßler, Martina und Dieter Mersch (Hrsg.): Logik des Bildlichen. Zur Kritik der ikonischen Vernunft, Metabasis 2, Bielefeld: Transcript, S. 94–123.

Manovich, Lev (2013): Software Takes Command, New York, London: Bloomsbury Academic.

Mitchell, William J. Thomas (1987): Iconology: Image, Text, Ideology, Chicago: University of Chicago Press.

Peirce, Charles S. (1994): The collected papers of Charles Sanders Peirce, hg. von. Charles Hartshorne, Paul Weiss und Arthur W. Burks, Charlottesville, Va.: InteLex Corp., http://pastmasters2000.nlx.com (zugegriffen am 14.1.2016).

Pörksen, Uwe (1997): Weltmarkt der Bilder: Eine Philosophie der Visiotype, Stuttgart: Klett-Cotta.

Spitzmüller, Jürgen (2013): Graphische Variation als soziale Praxis, Eine soziolinguistische Theorie skripturaler ›Sichtbarkeit‹, Berlin, Boston: De Gruyter.

Stegbauer, Christian (2010): Netzwerkanalyse und Netzwerktheorie: ein neues Paradigma in den Sozialwissenschaften, Netzwerkforschung, 2. Aufl., Wiesbaden: VS, Verlag für Sozialwissenschaften.

Steinseifer, Martin (2013): „Texte sehen – Diagrammatologische Impulse für die Textlinguistik“, Zeitschrift für germanistische Linguistik 41/1, S. 8–39.

Stjernfelt, Frederik (2007): Diagrammatology: an investigation on the borderlines of phenomenology, ontology, and semiotics, Dordrecht; London: Springer.

Thomas, James J. und Kristin A. Cook (Hrsg.) (2005): Illuminating the Path: The Research and Development Agenda for Visual Analytics, National Visualization and Analytics Ctr.